Evonik: Test von neuem Lithium-Recycling und Alternativen zum Dünger

2022-09-17 09:09:05 By : Mr. Itta He

Das verwendete Lithium landet nach Gebrauch der Batterie zumeist im Müll.

Das verwendete Lithium landet nach Gebrauch der Batterie zumeist im Müll.

Düsseldorf Der Spezialchemiekonzern Evonik will bis 2025 einen zusätzlichen Umsatz von einer Milliarde Euro mit neuartigen und revolutionären Technologien erzielen. Die Essener haben dazu ihre Innovationseinheit Creavis neu ausgerichtet und mit Ralph Marquardt einen neuen Chief Innovation Officer an Bord geholt, wie Evonik am Donnerstag bekannt gab. Der promovierte Chemiker soll die aussichtsreichsten Projekte aus den Laboren zur Marktreife bringen.

Vorbild ist unter anderem die Entwicklung, die Evonik als Zulieferer für Impfstoffe gegen Corona auf Basis der mRNA-Technologie genommen hat. Der Konzern liefert an Hersteller wie Biontech Lipide, mit denen die Wirkstoffe im Körper transportiert werden. Ohne diese Technologie würden die Impfstoffe nicht funktionieren.

Zu den ambitionierten Forschungsprojekten von Evonik zählt derzeit die Rückgewinnung von Lithium aus Batterien für Elektroautos. Das Marktpotenzial dabei ist riesig: Lithium ist der entscheidende Rohstoff für die Batterien. Doch das wertvolle, im Bergbau gewonnene Material landet heute zu 95 Prozent im Müll, wenn die Batterien nach zehn bis 15 Jahren Einsatz ausgetauscht werden. Das Recycling ist komplex und teurer als die Neuware – trotz der zuletzt gestiegenen Preise.

Evonik hat nun ein Verfahren entwickelt, das die Rückgewinnung einfacher und umweltschonender machen soll. Die läuft über einen elektrochemischen Prozess mit einer neuartigen Keramikmembran. Erste Tests hätten gezeigt, dass mit diesem Verfahren hochreine Lithium-Salze wiedergewonnen werden können, erläuterte die Projektleiterin Elisabeth Gorman.

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In drei bis fünf Jahren soll die Technologie an den Markt gebracht werden. Der Zeitpunkt wäre passend, denn ab 2026 gelten in der EU neue Vorgaben für die Rückgewinnung des Leichtmetalls. Ab dann müssen mindestens 35 Prozent des in Batterien enthaltenen Lithiums zurückgewonnen werden. Ab 2030 müsse der Anteil auf 70 Prozent steigen.

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Insgesamt 464 Millionen Euro hat Evonik im Jahr 2021 für Forschung und Entwicklung aufgewendet, was einer am Umsatz gemessenen Quote von 3,1 Prozent entspricht. Daran will der Konzern festhalten, auch im Fall einer Rezession und Krise des Chemiemarkts. „Wir haben nicht vor, auf die Bremse zu gehen“, sagte Vorstandsmitglied Harald Schwager.

Das gilt auch oder vor allem für die jungen Projekte. So forscht Evonik aktuell an einer Alternative zum Stickstoffdünger, der in großen Mengen in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Pflanzen benötigen Nährstoffe wie Stickstoff für ihr Wachstum, diese Stoffe werden ihnen heute in künstlicher Form über den aus Gas gewonnenen Stickstoff zugeführt.

Das etablierte Verfahren ist nach Angaben von Evonik sehr CO2-intensiv, bei der Herstellung von einer Tonne Stickstoffdünger entstehen 1,2 Tonnen des Treibhausgases. Es wird auch nur ein Teil des von Bauern ausgebrachten Düngers von den Pflanzen aufgenommen, der Rest landet ausgewaschen im Grundwasser.

Der Chemiekonzern arbeitet an einem Verfahren, womit Pflanzen ausreichend Stickstoff über die Luft aufnehmen könnten. Dies geschieht mithilfe von speziellen Mikroorganismen, die anstelle des Kunstdüngers auf die Pflanzen gesprüht werden. Sie können Stickstoff aus der Luft so verarbeiten, dass die Pflanzen ihn nutzen können.

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In ersten Gewächshausversuchen mit Weizen und Mais sei eine Reduktion des Stickstoffdüngers um bis zu 50 Prozent gelungen, hieß es. Die Ergebnisse müssen aber noch mit weiteren Verfahren überprüft werden. Im Erfolgsfall winkt Evonik auch hier ein lukrativer Markt: Laut dem „Green Deal“ der EU soll der Einsatz von Dünger bis zum Jahr 2030 um 20 Prozent gesenkt werden.

Mit einem dritten Projekt will Evonik die Verwertungskette bei Hühnerfleisch transparent machen. Dabei handelt es sich um einen neuen Test, mit dem sich für Produkte aus Hühnerfleisch nachprüfen lässt, wie die Tiere gehalten und ernährt wurden.

Dies soll mithilfe der Analyse der Gene im verkauften Fleisch gelingen: An ihnen lässt sich ablesen, welche Umwelteinflüsse auf ein Tier eingewirkt haben, aus welcher Haltung es kommt und wie es geschlachtet wurde. Als Kunden sieht Evonik landwirtschaftliche Betriebe und den Einzelhandel.

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