Ermittlungsverfahren nach Explosion im Chempark Leverkusen

2022-09-03 07:15:19 By : Ms. Silvia Yu

Nach der Explosion am 27. Juli im Chempark Leverkusen hat die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen drei Beschäftigte des Betreibers Currenta eingeleitet. Sie sollen im Tanklager der Entsorgungsanlage Bürrig die nötigen Lagerbedingungen nicht eingehalten haben.

Beginn der Aufräumarbeiten nach der Explosion im Chempark Leverkusen am 27. Juli 2021 (Bild: Currenta)

Ursache der Katastrophe, bei der sieben Menschen gestorben waren, war eine Selbsterwärmung von Chemikalien in einem der Tanks des Entsorgungszentrums Bürrig. Dem Ende September veröffentlichten Sachverständigenbericht zufolge soll eine chemische Reaktion des Abfalls mit zunehmender Temperatur zu einem rapide ansteigenden Überdruck im Lagertank geführt haben, der trotz der vorhandenen Sicherheitssysteme des Tanks nicht mehr abgebaut werden konnte. Die Abfälle stammten von der dänischen Firma Agricultural Solutions und wurden bisher ohne Vorfälle in verschiedenen europäischen Anlagen verbrannt.

Der Vorwurf gegen die beschuldigten Currenta-Beschäftigten lautet nun, ihre Sorgfaltspflichten vernachlässigt und die zulässige Lagertemperatur für die Chemieabfälle überschritten zu haben. Der Staatsanwaltschafts Köln zufolge liegt der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion vor. Im Rahmen der Ermittlungen wurden die Wohungen der Beschuldigten und Büros beim Chempark-Betreiber Currenta am Dienstag, 19.10.2021, durchsucht. Currenta-Geschäftsführer Wolfgang Homey betonte die Unschuldsvermutung: "Bis zum Abschluss des Verfahrens darf es zu keiner Vorverurteilung unserer Kolleg*innen kommen."

Das Unternehmen sei jedoch höchst interessiert daran, die Ursachen des Explosionsunglücks aufzuklären. „Der Unfall wird so umfassend wie möglich untersucht. Daraus ziehen wir die notwendigen Konsequenzen für den zukünftigen sicheren Betrieb der Sonderabfallverbrennungsanlage in Bürrig“, so Homey. Mitte Oktober hat der Betreiber mit Instandhaltungsarbeiten an der Unglücksstelle begonnen. Wann die Anlage den Betrieb wieder aufnehmen kann, ist jedoch noch unklar. Über die Entwicklungen nach dem Unglück informiert Currenta regelmäßig und umfassend auf einer eigens eingerichteten Website.

1921: Explosion des Stickstoffwerkes Oppau: Am noch jungen BASF-Standort Oppau explodieren mehr als 450 t des Düngemittels Ammonsulfatsalpeter, die Explosion tötet 559 Menschen und verwüstet die nahegelegene Ortschaft. Ursache ist eine Verfahrensänderung, die unbemerkt zu einer deutlich höheren Zündfähigkeit des Düngers führt. Es ist bis heute der schwerste Unfall der Firmengeschichte und das größte Chemieunglück in Deutschland. (Bild: gemeinfrei. Mehr lesen.)

1948: Kesselwagenexplosion in Ludwigshafen: Bei der Explosion eines Kesselwagens mit rund 30 t Dimethylether auf dem BASF-Gelände Ludwigshafen sterben mehr als 200 Menschen, mindestens 3.800 werden verletzt. Ursache war vermutlich die Kombination aus einer falsch berechneten Volumenreserve und einer fehlerhaften Schweißnaht des Tanks, sodass dieser dem wachsenden Druck bei Außentemperaturen über 30 °C nicht mehr standhielt. (Bild: DEHJ AdobeStock)

1968: Chemieunfall in Bitterfeld: Beim Abdichten von Lecks in der PVC-Produktion im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld explodiert das aus dem Reaktionsbehälter abgelassene Vinylchlorid. Die Explosion tötet 42 Menschen und zerstört das Werk. In der zuvor fast ausschließlich auf Planerfüllung ausgerichteten Chemieproduktion der DDR spielen Arbeits- und Umweltschutz nach dem Unfall eine größere Rolle. Seit 2019 erinnert ein Denkmal im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen an die Katastrophe. (Bild: CPG)

1974: Flixborough-Unglück: Ein undichter Reaktor im Chemiewerk Flixborough, England, wird provisorisch mit Rohrleitungen überbrückt, um den Betrieb bis zur nächsten Wartung aufrechtzuerhalten. Beim Wiederanfahren nach der Wartung zwei Monate später tritt Cyclohexan aus und entzündet sich, durch die folgende Explosion sterben 28 Menschen. Die britischen Behörden verschärfen die Auflagen für Engineering, Design und geschultes Personal in Chemieanlagen. (Bild: thaloengsak AdobeStock)

1976: Seveso-Unglück: Die Synthese von Trichlorphenol im Icmesa-Werk in Meda, Italien, gerät außer Kontrolle, das hochgiftige Nebenprodukt Tetrachlor-Dibenzodioxin (TCDD) tritt aus. Die Dioxinwolke lässt in den umliegenden Gemeinden Seveso, Meda, Desio und Cesano Maderno viele Pflanzen und über 3.000 Nutztiere verenden. Eine Folge dieser Katastrophe und des Flixborough-Unglücks zwei Jahre zuvor ist die Seveso-Richtlinie. TCDD ist bis heute als „Seveso-Gift“ bekannt. (Bild: Goodpics AdobeStock)

1984: Chemie-Katastrophe von Bhopal: In Bhopal, Indien, gelangt im Werk des Chemiekonzerns Union Carbide durch Betriebsfehler und mangelnde Sicherheitsvorkehrungen Wasser in einen Tank mit Methylisocyanat. Die auftretende Reaktion bringt den Tank zum Explodieren, und bis zu 40 t Methylisocyanat sowie Reaktionsprodukte wie Methylamin verbreiten sich als giftige Wolke in der Umgebung. Die Zahl der Todesopfer ist bis heute ungewiss, sie reicht je nach Quelle von 3.800 bis 25.000. (Bild: molekuul.be/klyaksun/pedrosala – stock.adobe.com)

1986: Großbrand von Schweizerhalle: Im Industriegebiet Schweizerhalle bricht beim Chemiekonzern Sandoz ein Großbrand aus, vermutlich beim Erhitzen von Plastikfolie zum Verpacken des Farbpigments Berliner Blau. Die Löscharbeiten spülen mit Pflanzenschutzmitteln belastetes Wasser in den Rhein, was ein weitreichendes Fischsterben auslöst. Als Folge des Unfalls richteten die Anliegerstaaten den Rheinalarm ein, um bei Störfällen entlang des Flusses besser kooperieren zu können. (Bild: Getec)

2001: Düngerexplosion von Toulouse: In einer Lagerhalle des Düngemittelherstellers AZF in der französischen Stadt Toulouse explodieren rund 300 t Ammoniumnitrat, die Explosion tötet 31 Menschen. Der genaue Auslöser ist nicht abschließend geklärt. Der Unfall erinnert nicht nur in Ausmaß und Ursache an die Katastrophe in Oppau achtzig Jahre zuvor: Das Werk in Toulouse entstand Mitte der 20er Jahre als Kopie des Oppauer Stickstoffwerks. (Bild: Ihor95 AdobeStock)

2015: Katastrophe von Tianjin: Im Hafen der chinesischen Stadt Tianjin bringt die Selbstentzündung von Nitrocellulose in einem Gefahrstofflager 800 t Ammoniumnitrat zur Explosion. Nach offiziellen Angaben kommen 173 Menschen ums Leben. Die anschließende Untersuchung ergibt, dass die Gefahrgüter vor Ort illegal gelagert und Genehmigungen durch Bestechung erteilt worden waren. (Bild: Voice of America / gemeinfrei. Mehr lesen.)

2016: Unfall in Ludwigshafen: Bei Schweißarbeiten am Landeshafen Nord am BASF-Standort Ludwigshafen schneidet ein Arbeiter eines Subunternehmens eine falsche Rohrleitung an. Austretendes Buten entzündet sich und bringt eine benachbarte Ethylenleitung zur Explosion. Durch das Unglück sterben vier Feuerwehrleute und ein Arbeiter auf einem der Schiffe im Hafen. Der Verursacher wird zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Kritik trifft auch die BASF wegen verbesserungswürdiger Sicherheitsvorkehrungen. (Bild: BASF. Mehr lesen.)

2020: Explosion in Beirut: Im Hafen von Beirut, Libanon, geraten bei Schweißarbeiten in der Nähe gelagerte Feuerwerkskörper in Brand. Das Feuer bringt rund 2.750 t Ammoniumnitrat in einem Lagerhaus zur Explosion, mindestens 190 Menschen sterben. Die explosive Chemikalie stammte aus einem beschlagnahmten Schiff und lagerte dort schon seit Jahren, auf wiederholte Warnungen der Zollbehörden geschah jedoch nichts. Sechs Tage nach der Explosion tritt die Regierung zurück. (Bild: Ali – stock.adobe.com. Mehr lesen.)

Ich bin einverstanden, von chemietechnik.de per E-Mail über Zeitschriften, Online-Angebote, Produkte, Veranstaltungen und Downloads aus dem Industrie-Medien-Netzwerks informiert zu werden. Ich bin ferner mit der Auswertung meiner Nutzung des Newsletters zur Optimierung des Produktangebots einverstanden. Diese Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, indem ich mich vom Newsletter abmelde. Die Datenschutzhinweise habe ich gelesen und zur Kenntnis genommen.

Mit der Registrierung akzeptiere ich die Nutzungsbedingungen der Portale im Industrie-Medien-Netzwerks. Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen.

Glatt bietet Anwendern mit der Phos-4-Green-Technologie die Möglichkeit, Phosphor zu recyceln und in gebrauchsfertige phosphathaltige Standard- und Spezialdünger zu überführen. Außerdem zeigt der Hersteller sein Pro-Cell Lab-System für Machbarkeitsversuche im Labormaßstab.Weiterlesen...

Thyssenkrupp Uhde soll in Katar eine neue Ammoniakanlage im Großmaßstab bauen. Der Großauftrag kommt vom langjährigen Kunden Qatar Fertiliser Company (QAFCO), einer Tochter des Staatskonzerns Qatarenergy.Weiterlesen...

Bereits 2021 hatten BASF, Linde und Sabic den weltweit ersten elektrisch beheizten Steamcracker angekündigt – jetzt startet der Bau. Die Demonstrationsanlage soll vollständig in einen der bestehenden Steamcracker am BASF-Standort in Ludwigshafen integriert werden.Weiterlesen...

Unsere Bildergalerie gibt Ihnen den Überblick über die Projektmeldungen, die uns im August erreichten.Weiterlesen...

Das druckluftbetriebene Produktförderer Modell 3VP von Nilfisk kommt im modularen GMP-Design. Aufgrund der kompakten Maße von Trichter und Fahrgestell sowie des geringen Gewichts von maximal 17 kg eignet das Modell sich auch bei wenig Platz.Weiterlesen...