Vakuumtherapie von Wunden

2022-09-10 09:46:14 By : Mr. George Zhang

Hintergrund: Mit der Vakuumtherapie („negative pressure wound therapy“, NPWT) deckt man Wunden luftdicht ab und sorgt für einen Unterdruck, der sich günstig auf die Heilung auswirken soll. Das Ziel dieser systematischen Übersicht ist es, die bisher vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) publizierten Daten zur Evaluierung der NPWT zu aktualisieren.

Methode: Es wurde eine systematische Recherche in den Datenbanken PubMed und der Cochrane Library durchgeführt. Eingeschlossen in die Auswertung wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) an Patienten mit akuten und chronischen Wunden, die mit einem Vakuumversiegelungssystem behandelt worden waren. Primärer Endpunkt war der komplette Wundverschluss.

Ergebnisse: Ausgehend von zwölf bereits in früheren IQWiG-Berichten eingeschlossenen RCTs wurden neun neue RCTs identifiziert. In fünf der neun neuen Studien wurde über nichtkommerzielle NPWT-Systeme berichtet. Der Anteil der Patienten mit einem kompletten Wundverschluss wurde in fünf der neun neuen Studien genannt; er lag zwischen 31 % und 90 %. Nur in zwei Studien wurde ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Vakuumtherapie und konventioneller Behandlung berichtet. Ein hohes Verzerrungspotenzial bei acht der neun neuen Studien und eine erhebliche diagnostische Heterogenität erschweren die Interpretierbarkeit der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen: Wenngleich NPWT möglicherweise einen positiven Effekt auf die Wundheilung hat, gibt es keine sicher belegten Vorteile oder Nachteile gegenüber der konventionellen Wundbehandlung. RCTs mit guter methodischer Qualität sind zur Evaluierung des Verfahrens weiterhin notwendig.

Die Vakuumtherapie („negative pressure wound therapy“, NPWT) ist ein geschlossenes Wundversorgungssystem insbesondere für große chronisch persistierende und akut komplizierte Wunden (1, 2). Das System besteht aus einer elektronisch steuerbaren Pumpe und einem drainierenden Schaumstoffwundverband. Mittels einer luftdichten Abdeckung durch eine Klebefolie wird ein regulierbarer Unterdruck aufgebaut. Die NPWT sorgt für das Abfließen des Wundsekrets und soll die Durchblutung und den Heilungsprozess der Wunde fördern.

Das Ziel dieser systematischen Übersicht ist eine Aktualisierung der bisher vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) veröffentlichten systematischen Übersichten (3–5) zur Vakuumtherapie. Ziel dieser Berichte war die Evaluierung der Wundheilung und unerwünschter Ereignisse nach Vakuumtherapie im Vergleich zur konventionellen Wundbehandlung bei Patienten mit akuten oder chronischen Wunden.

Die Berichterstellung dieser systematischen Übersicht erfolgte unter Beachtung der Prinzipien des PRISMA-Statements (e1).

Es wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) zu Patienten mit akuten und chronischen Wunden in die Untersuchung eingeschlossen. Auf die Evaluierung von nichtrandomisierten Studien wurde aufgrund der in den letzen Jahren steigenden Zahl von RCTs verzichtet. Prüfintervention war die Vakuumtherapie. Neben kommerziellen wurden – wie auch in den vorausgegangenen Berichten – Studien eingeschlossen mit nichtkommerziellen Systemen, bei denen der Unterdruck beispielsweise über eine Saugpumpe für Thoraxdrainagen, eine zentrale Vakuumanlage oder Redon-Flaschen erzeugt wird. Vergleichsbehandlung war der konventionelle Wundverband, in der Regel ein mit physiologischer Kochsalzlösung angefeuchteter Gaze-Verband. Eine Mindestanzahl von Patienten pro Studie wurde nicht festgelegt. Eine Beschränkung der Sprache und auf bestimmte Publikationsjahre wurde nicht vorgenommen. Artikel in nichtenglischer oder nichtdeutscher Sprache wurden jedoch nur dann berücksichtigt, wenn die Bewertung der entsprechenden Studien durch verfügbare Übersetzungen möglich war.

Im Unterschied zu den früheren IQWiG-Berichten wurde ausschließlich nach RCTs gesucht (3, 4). Dazu wurde eine vereinfachte Suchstrategie angewendet (eTabelle 1 gif ppt) , mit der am 07.11.2010 in PubMed und Clinical Trials der Cochrane Library alle zwölf bisher einbezogenen RCTs identifiziert werden konnten. Auf die Suche in EMBASE und CINAHL wurde verzichtet, weil die früheren Suchen keine zusätzlichen relevanten Treffer erbracht hatten (6). Die Treffer in beiden Datenbanken wurden in EndNote X3 (Thomson Reuters) importiert, Duplikate wurden manuell entfernt.

In den elektronischen Studienregistern ClinicalTrials.gov (URL: http://clinicaltrials.gov/; Registriernummer: NCT gefolgt von 8 Ziffern) und International Standard Randomised Controlled Trial Number Register (URL: www.controlled-trials.com/; Registriernummer: ISRCTN gefolgt von 8 Ziffern) wurde am 15.01.2011 mit folgenden Suchwörtern nach abgeschlossenen Studien und Studien in Durchführung gesucht: „vacuum assisted closure“; „vac“; „negative pressure wound therapy“; „npwt“.

Zuerst wurden anhand des Titels und der Abstracts Artikel ausgeschlossen, wenn in dem entsprechenden Beitrag nicht über die Vakuumtherapie berichtet wurde oder wenn das Studiendesign eindeutig nicht randomisiert war. Die übrig gebliebenen Arbeiten wurden in einem zweiten Schritt anhand der Volltexte geprüft. Ausschlussgründe wurden für jede einzelne Studie intern dokumentiert. Alle Schritte der Studienauswahl wurden von zwei Personen unabhängig voneinander durchgeführt. Unterschiedliche Ansichten wurden diskutiert, bis eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden konnte.

Das Risiko für eine Verzerrung innerhalb der Studien wurde anhand der in Tabelle 1 (gif ppt) genannten Kriterien untersucht. Die Bejahung in allen fünf Kategorien wurde für die Einstufung eines niedrigen Verzerrungspotenzials vorausgesetzt. Der mögliche Einfluss von Publikationsbias wurde geprüft, indem der Umfang abgebrochener Studien aus Vorarbeiten aus dem Jahr 2006 (6) aktualisiert wurde.

Sammlung und Analyse der Daten

Alle Schritte der Datenextraktion wurden von einer Person (Frank Peinemann) durchgeführt und von einer zweiten Person (Stefan Sauerland) überprüft. Unterschiedliche Ansichten wurden nach einer Diskussion konsentiert. Die Ergebnisse wurden deskriptiv analysiert. Studiencharakteristika wurden entsprechend der Tabelle 2 (gif ppt) extrahiert.

Als primärer Endpunkt galt der vollständige Wundverschluss, eine Variable, die als rohe Rate und auch als Schätzwert einer Kaplan-Meier-Analyse verwendet wurde. Der vollständige Wundverschluss ist in der Empfehlung der U.S. Food and Drug Administration (FDA) aus dem Jahr 2006 (7) definiert: Reepithelialisierung der Haut ohne Bedarf für Drainage oder Verband. Auf eine Metaanalyse wurde aufgrund der Heterogenität der Primärstudien verzichtet.

Als sekundäre Endpunkte wurden die folgenden Zielgrößen definiert:

Nach Ausschluss der Duplikate verblieben 176 der insgesamt 249 importierten Referenzen. Bei 137 Literaturzitaten konnte man bereits anhand von Titel und/oder Abstrakt erkennen, dass die Einschlusskriterien nicht erfüllt waren (eGrafik gif ppt) . Weitere 30 potenziell relevante Artikel wurden nach Sichtung der Volltexte ausgeschlossen. In der aktualisierten Recherche wurden insgesamt neun neue RCTs identifiziert (8–16). In fünf der neun neuen RCTs wurde über nichtkommerzielle Systeme berichtet (12–16). Insgesamt liegen damit nun 21 RCTs zur Fragestellung vor: 7 (e2–e8) aus dem IQWiG-Abschlussbericht N04–03 (3), 5 RCTs in 4 Artikeln (e9–e12) aus dem IQWiG-Rapid-Report N06–02 (4) und 9 RCTs aus der aktualisierten Recherche.

Eine Übersicht über die Studiencharakteristika zeigt Tabelle 2 . Das mittlere Alter der überwiegend männlichen Teilnehmer lag mehrheitlich über 50 Jahre. Die mittlere Wundfläche war in allen Studien mit differenzierter Angabe in der Prüfgruppe numerisch geringfügig höher als in der Kontrollgruppe. Detaillierte Beschreibungen der Ein- und Ausschlusskriterien, der Prüftherapien, der Vergleichsbehandlungen, der analysierten Endpunkte und ihren jeweiligen Definitionen sind in den eTabellen 2 (gif ppt) und 3 (gif ppt) zu finden. Komorbiditäten wurden in den meisten Studien nicht berichtet. Die Studien untersuchten sehr unterschiedliche Arten von akuten und chronischen Wunden (eTabelle 4 gif ppt) .

Das Verzerrungspotenzial war bei acht von neun Studien hoch (Tabelle 1) . Die Bedingungen der Generierung der Randomisierungssequenz und der Verdeckung der Gruppenzuteilung blieb in einigen Studien unklar, eine Zuteilung der Patienten auf die Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip war damit in diesen Studien nicht nachvollziehbar dargestellt. Eine verblindete Endpunkterhebung war trotz vorhandener Durchführbarkeit in acht von neun Studien nicht berichtet oder blieb unklar. Es sollte betont werden, dass Ergebnisse aus unverblindeten Studien im Zusammenhang mit der Erhebung von Lebensqualität einem besonders hohen Verzerrungspotenzial ausgesetzt sind. Nur eine der Studien erfüllte gleichzeitig alle fünf Kategorien, die für ein niedriges Verzerrungspotenzial vorausgesetzt wurden. Bei sechs der neun neuen Studien wurden bis zu 20 % der randomisierten Patientendaten nicht in der Auswertung berücksichtigt und es lag somit keine adäquate „intention-to-treat“(ITT)-Analyse vor.

Die Nachforschungen zum Publikationsbias ergaben, dass in Ergänzung zu den fünf bereits berichteten abgebrochenen RCTs vier weitere abgebrochene RCTs identifiziert werden konnten: NCT00121537, NCT00691821, NCT00837096 und NCT01108276.

Als Gründe für den Abbruch der Studien waren angegeben:

Darüber hinaus wurden unter den registrierten Studien acht randomisierte kontrollierte Studien identifiziert, die gerade durchgeführt wurden (NCT00582179, NCT00582998, NCT00635479, NCT01200563, NCT01191567, NCT00548314 und NCT00789659).

Der Anteil an Patienten mit einem kompletten Wundverschluss wurde in nur fünf der neun neuen Studien berichtet (8, 12–15) (Tabelle 3 gif ppt) . In vier Studien war der Unterschied zwischen den Gruppen statistisch nicht signifikant. Nur in zwei Studien wurde ein statistisch signifikanter Effekt zugunsten der Vakuumtherapie dargestellt (15).

Die Zeit bis zum Wundverschluss wurde in vier der neun neuen Studien berichtet (8, 13, 14, 16) (Tabelle 4 gif ppt) . In drei Studien war der Unterschied zwischen den Gruppen statistisch signifikant zum Vorteil der NPWT (8, 14, 16), und in einer Studie war der Unterschied nicht statistisch signifikant (13). Die Wundgröße war in einer von neun neuen Studien statistisch signifikant zugunsten der NPWT reduziert (8).

Unerwünschte Ereignisse wurden in acht von neun neuen Studien (8, 9, 11, 12) untersucht. Statistisch signifikante Unterschiede zugunsten der Vakuumtherapie wurden in drei Studien berichtet hinsichtlich: sekundärer Amputationen (8), dem Anteil tiefer Wundinfektionen (11) und der Rate sekundärer Operationen (14).

Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen waren hinsichtlich der Mortalitätsrate (8, 12, 15, 16) statistisch nicht signifikant. Diese Beobachtung gilt mehrheitlich auch für die Wundkomplikationsrate in vier Studien (8, 9, 12, 13).

Mit Hilfe von Fragebögen wurde in einer Studie (11) die gesundheitsbezogene Lebensqualität untersucht. Das Ergebnis zum physischen Bereich (nach der Therapie) war statistisch signifikant besser in der NPWT-Gruppe, das Resultat zum psychischen Befinden war hingegen vergleichbar.

In einer weiteren Studie war die Angst vor der Behandlung, beispielsweise wegen potenzieller Schmerzen, in der Vakkumtherapie-Gruppe statistisch signifikant höher als in der Kontrollgruppe (10).

Die qualitativen Ergebnisse aller 21 einbezogenen randomisierten kontrollierten Studien gemäß der Endpunkte der vorliegenden systematischen Übersicht zeigt Tabelle 5 (gif ppt) . Die quantitativen Ergebnisse der älteren zwölf in IQWiG-Berichten eingeschlossenen RCTs können den entsprechenden Publikationen (3, 4) entnommen werden, die Ergebnisse der neun neuen RCTs sind in den Tabellen 3 und 4 zu finden.

Primärer Endpunkt: Kompletter Wundverschluss

Die Ergebnisse zum kompletten Wundverschluss sind nicht einheitlich und eine Überlegenheit der NPWT im Vergleich zur Kontrollbehandlung lässt sich nicht sicher ableiten. In einigen Studien wurden Effekte zugunsten der NPWT berichtet, ohne dass in anderen Studien gegensinnige Effekte nachweisbar waren. Auch andere systematische Übersichten kommen daher aktuell zu dem Schluss, dass der zusätzliche Nutzen der Vakuumtherapie im Vergleich zu anderen Wundbehandlungskonzepten nicht sicher belegt ist (17, 18).

Zeit bis zum Wundverschluss – Für den Endpunkt „Zeit bis zum Wundverschluss“ wurden mehrheitlich Effekte zugunsten der NPWT-Gruppe berichtet. Messung und Auswertung unterscheiden sich jedoch zwischen den Studien erheblich, wobei vor allem die nicht verblindete Erhebung dieses Endpunkts problematisch ist. Auch untersuchten die meisten Studien nicht, ob eine erfolgreich verheilte Wunde auch tatsächlich dauerhaft verschlossen blieb. Die Interpretation der Ergebnisse lässt daher Schlussfolgerungen zum Vorteil der einen oder anderen Behandlung nicht zu.

Unerwünschte Ereignisse – Die Ergebnisse zu unerwünschten Ereignissen waren nicht einheitlich. Für einige spezifische Komplikationen, wie beispielsweise für sekundäre Amputationen, wurden statistisch signifikante Effekte zugunsten der NPWT-Gruppe berichtet, wohingegen für eine Reihe anderer Ereignisse kein statistisch signifikanter Unterschied nachgewiesen wurde. Gegensinnige Ergebnisse im Sinne eines statistisch signifikanten Effekts zum Nachteil für die NPWT-Gruppe wurden nicht dargestellt.

Die Differenz zwischen der Anzahl der in den Studien untersuchten Patienten und der Anzahl der weltweit behandelten Patienten wird in der Abbildung der unerwünschten Ereignisse besonders deutlich. Die Daten aus den RCTs sind für eine Evaluation der Häufigkeit unerwünschter Ereignisse nur bedingt geeignet. Angemessener wäre es, wenn ausreichend große RCTs durchgeführt würden.

Die FDA berichtete kürzlich über sechs Todesfälle und 77 sonstige Komplikationen, die innerhalb von zwei Jahren im Zusammenhang mit der Vakuumtherapie, gemeldet wurden (19). Alle Todesfälle waren durch akute Blutungen verursacht, wobei bekannte Kontraindikationen zur NPWT (zum Beispiel großes Gefäß im Wundbereich) offenbar missachtet worden waren. Viele der Todesfälle ereigneten sich in der ambulanten Versorgung oder in Pflegeheimen, was die Notwendigkeit einer Therapieüberwachung unterstreicht. In diesem Zusammenhang kann darauf hingewiesen werden, dass die Studien zur NPWT in der Regel im Krankenhaus durchgeführt wurden.

Von neun eingeschlossenen randomisierten kontrollierten Studien haben acht ein hohes Verzerrungspotenzial, das die Aussagekraft der Ergebnisse zu den jeweils berichteten Endpunkten einschränkt. Die Schwierigkeiten der Machbarkeit von RCTs und das Für und Wider zum Einschluss von nichtrandomisierten Studien bei der Bewertung von Medizinprodukten und von chirurgischen Maßnahmen wurden ausführlich thematisiert (e13, e14).

Es fällt auf, dass die Studien zu den kommerziellen NPWT-Systemen fast ausschließlich aus den USA kommen. In den Schwellenländern scheinen die kommerziellen Systeme kaum finanzierbar zu sein, so dass dort aus teilweise sehr einfachen Materialien eigene NPWT-Systeme entwickelt wurden, die nun in Studien erprobt werden. Dieses breite Spektrum der NPWT-Systeme erschwert die Interpretation der Daten erheblich, auch wenn noch weitgehend unklar ist, ob sich kommerzielle und nichtkommerzielle NPWT-Systeme tatsächlich unterscheiden. Die Therapie in der Vergleichsgruppe (konventionelle Wundverbände) ist ebenfalls nicht einheitlich zwischen den Studien definiert, was vermutlich mit der Verschiedenheit der Patientenkollektive zusammenhängt. Auch dies kann eine Heterogenität zwischen den Studien bedingen und die Vergleichbarkeit der Studienergebnisse einschränken.

Die Vakuumtherapie wurde laut Internetseite des Herstellers KCI (August 2010) mehr als drei Millionen Patienten verordnet, und es wurden etwa 600 Peer-Review-Artikel dazu veröffentlicht. Neben der insgesamt geringen Anzahl von randomisierten kontrollierten Studien ist es daher erstaunlich, dass trotz der Häufigkeit akuter und chronischer Wunden und der großen Verbreitung der Vakuumtherapie eine erhebliche Anzahl von Studien offenbar wegen Rekrutierungsproblemen abgebrochen werden musste. Auch wenn einzelne der geplanten randomisierten kontrollierten Studien anscheinend gar nicht begonnen oder kurz nach Beginn abgebrochen wurden, nährt das Vorhandensein nichtpublizierter randomisierter kontrollierter Studien Zweifel an der Vollständigkeit der für die Nutzenbewertung der NPWT verwendbaren Daten.

Da die NPWT bei Wunden unterschiedlichster Ätiologie, Chronizität, Größe und Lokalisation eingesetzt wird, unterscheiden sich die Studien erheblich in der Auswahl und Definition der Endpunkte. Allein aus diesem Grund ist die Sinnhaftigkeit einer quantitativen Zusammenfassung aller Studien fragwürdig. Untersuchungen mit Ergebnissen zur Wundheilung berichten mehrheitlich über Vorteile der NPWT. Die Resultate sind teilweise auch durch statistisch signifikante Effekte hinsichtlich des primären Endpunkts „kompletter Wundverschluss“ und der sekundären Endpunkte „Zeit bis zum kompletten Wundverschluss“, „Reduktion der Wundgröße“ und „Amputationen“ unterstützt.

Die Resultate zur Gesamtmortalität und zu den gesamten unerwünschten Ereignissen sind widersprüchlich. Die Gesamtmortalität umfasst vermutlich einen nennenswerten Anteil von Todesursachen, die nicht auf die Behandlung zurückzuführen sind. Die einzelnen unerwünschten Ereignisse werden zu selten und inkonsistent berichtet, um daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können. Ferner ist die gesamte Gruppe der unerwünschten Ereignisse sehr heterogen. Die wenigen Ergebnisse zur Lebensqualität beschränken sich teilweise lediglich auf den Endpunkt „Angst“. Das Auftreten von Schmerzen (insbesondere beim Verbandwechsel) wurde nur von einigen wenigen Studien untersucht.

Der vorliegende Studienpool von immerhin 21 RCTs reicht immer noch nicht für eine eindeutige Klärung der Frage, ob die NPWT der konventionellen Wundbehandlung überlegen ist. Die mangelnde Interpretierbarkeit der RCTs wird im Wesentlichen bedingt durch einerseits die Heterogenität der diversen Indikationen für eine NPWT und andererseits durch die erheblichen qualitativen und quantitativen Mängel der Studien.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben im Juli 2010 gemeinsam zwei randomisierte kontrollierte Studien zur NPWT ausgeschrieben (20, e15). In den beiden ausgewählten Indikationsgebieten, diabetischer Fuß und iatrogene Wunde, soll jeweils eine geeignet große Zahl von Patienten zufällig der NPWT oder einer konventionellen Wundbehandlung zugeordnet werden. In diese Studien wird die Hoffnung gesetzt, dass sie die Evidenz ergänzen können, die für eine Entscheidung noch zusätzlich erforderlich ist. Darüber hinaus wurden weitere acht registrierte RCTs, die sich in der Durchführung befinden, identifiziert.

Obgleich NPWT möglicherweise einen positiven Effekt auf die Wundheilung hat, gibt es keine sicher belegten Vor- oder Nachteile gegenüber der konventionellen Wundbehandlung. RCTs mit guter methodischer Qualität sind weiterhin notwendig.

Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Diese Arbeit wurde vom IQWiG Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gefördert.

Manuskriptdaten eingereicht: 10. 9. 2010, revidierte Fassung angenommen: 7. 2. 2011

Anschrift für die Verfasser Dr. med. Frank Peinemann, M.Sc. IQWiG Institut für Qualität u. Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen Dillenburger Straße 27 51105 Köln frank.peinemann@iqwig.de

Negative Pressure Wound Therapy—Systematic Review of Randomized Controlled Trials

Background: In negative-pressure wound therapy (NPWT), a wound is covered with an airtight dressing, and negative pressure is applied. This is thought to promote healing. We evaluated NPWT with an updated, systematic review of the literature.

Methods: We systematically searched the PubMed and Cochrane Library databases for randomized, controlled trials (RCTs) of NPWT for the treatment of acute or chronic wounds. The primary outcome was complete wound closure.

Results: We found reports of 9 RCTs in addition to the 12 covered by earlier IQWiG reviews of this topic. Five of the 9 new trials involved NPWT systems that are not on the market. The frequency of complete wound closure is stated in only 5 of the 9 new reports; a statistically significant effect in favor of NPWT was found in only two trials.The results of 8 of the 9 new trials are hard to interpret, both because of apparent bias and because diverse types of wounds were treated.

Conclusion: Although there may be a positive effect of NPWT, we did not find clear evidence that wounds heal any better or worse with NPWT than with conventional treatment. Good RCTs are still needed to evaluate NPWT.

Zitierweise Peinemann F, Sauerland S: Negative pressure wound therapy—systematic review of randomized controlled trials. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(22): 381–9. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0381

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