Zoom oder Festbrennweite? Sony E 10-20 mm F4 G PZ und Sony E 11 mm F1.8 im Vergleich | photoscala

2022-07-30 09:14:03 By : Ms. Daisy Zhang

von Martin Vieten | 25.07.2022 19:03 | Magazin, Review | 1

Kürzlich hat Sony gleich zwei (Super-)Weitwinkel für APS-C vorgestellt: die lichtstarke Festbrennweite E 11 mm F1.8 (ca. 600 Euro) und das Power-Zoom E 10-20 mm F4 G PZ (ca. 850 Euro). Beide Objektive wenden sich an Vlogger und Videofilmer, sind jedoch auch für Fotografen interessant. Welches der beiden ungleichen Weitwinkelobjektive erweitert den Brennweitenbereich von Alpha 6600 & Co. am besten nach unten – Zoom oder Festbrennweite? Dieser Frage bin ich in der Praxis nachgegangen, das CHIP Testlabor hat gemessen.

Anschluss: Sony E (APS-C) Optischer Aufbau: 12 Linsen in 11 Gruppen Autofokus: ja (innenfokussierend) Bildstabilisator: nein Besonderheit: – Gewicht: 181 Gramm Preis (UVP/Straße): 599 Euro / 580 Euro

Lange schein es, als würde Sony seine APS-C-Spiegellosen peu à peu aufs Abstellgleis rangieren. Doch plötzlich sind Kameras mit dem kleinen Sensorformat wieder interessant für den Elektronikriesen aus Japan – den Videobloggern sei Dank. Diese „Vlogger“ bevorzugen handliches, leichtes Equipment, das sich möglichst einhändig halten und bedienen lässt.

Sony dürfte den Trend zu speziellen Vlogger-Kameras entdeckt und dann befeuert haben: Vor gut zwei Jahren mit der Kompaktkamera ZV-1 und ein gutes Jahr später mit der ZV-E10, einer Systemkamera, die auf der Alpha 6100 basiert.

Anschluss: Sony E (APS-C) Optischer Aufbau: 11 Linsen in 8 Gruppen Autofokus: ja (innenfokussierend) Bildstabilisator: nein Besonderheit: Motorzoom Gewicht: 178 Gramm Preis (UVP/Straße): 849 Euro / 820 Euro

Jetzt kommen von Sony zwei Weitwinkelobjektive, die sich bestens für Vlogger eignen: Das Motorzoom E 10-20 mm F4 G PZ (Brennweite bezogen auf Kleinbild: 15-30 mm) und die lichtstarke Festbrennweite E 11 mm F1.8 (bezogen auf Kleinbild: 16,5 mm). Richtet ein Vlogger die Objektive auf Armlänge auf sich selbst, erfassen sie ihn als Brustbild. Das Powerzoom erlaubt es zudem, aufs Porträt einzuzoomen.

Doch nur für das gefilmte Selbstporträt sind beide Objektive viel zu schade. Also habe ich E 10-20 mm F4 G PZ und E 11 mm F1.8 abwechselnd an die Alpha 6400 angesetzt und ausprobiert: Welches Weitwinkel erfüllt die Bedürfnisse von Fotografen besser: die lichtstarke Festbrennweite oder das flexible Zweifach-Zoom?

Beide Weitwinkel bieten die ideale Brennweite, um bei einer auf Armlänge gehaltenen Kamera das Porträt des Vloggers zu erfassen.

Beide Weitwinkelobjektive hat Sony sehr leicht und kompakt konstruiert: Das 11er wiegt gerade einmal 181 Gramm, das Powerzoom ist sogar noch drei Gramm leichter. An die Alpha 6400 angesetzt, kommt keine der beiden Kombis auf 600 Gramm. Da freut sich nicht nur der Vlogger, dass das Gepäck leicht bleibt.

Das Fliegengewicht beider Objektive geht zu einem guten Teil auf ihr kompaktes Maß zurück: Mit 70 x 55 mm (E 10-20 mm F4 G PZ) beziehungsweise 66 x 58 mm (E 11 mm F1.8) passen beide Objektive bequem in eine Jackentasche. Aber auch dass beide Objektive überwiegend aus Kunststoff bestehen, macht sie leicht. Billig wirken sie dadurch auf keinen Fall: Selbst beim festen Zupacken knarzt und knistert nichts. Besonders beanspruchte Partien wie Bajonett und Filtergewinde fertigt Sony löblicherweise bei beiden Kandidaten aus Metall.

E 11 mm F1.8 (links) und E 10-20 mm F4 G PZ (rechts) passen mit ihren kompakten Maßen und um 180 Gramm Gewicht hervorragend zur Alpha 6400 und allen anderen APS-C-Kameras von Sony. Auch bei der Ausstattung gibt es kaum Unterschiede – sieht man einmal davon ab, dass eines der beiden Objektive eine Festbrennweite, ist das andere ein Zoom. Genauer gesagt: das E 10-20 mm F4 G PZ ist ein Powerzoom, gezoomt wird hier motorisch. Zoom-Antrieb und -Bedienung haben mich sehr an das kürzlich getestete FE PZ 16–35 mm F4 G erinnert: Der Bildausschnitt wird wahlweise mit einer Zoomwippe links am Objektiv oder mit einem sehr dünnen Steuerring verstellt. Der elektronische Zoomring reagiert recht feinfühlig. Mit der Wippe am Anschlag wird der Zoombereich dagegen recht flott durchfahren, die Wippe ermöglicht (mit viel Fingerspitzengefühl) aber auch langsamere Zoomfahren. Der Motorzoom arbeitet übrigens völlig lautlos, Videofilmer werden es zu schätzen wissen.

E 11 mm F1.8 (links) und E 10-20 mm F4 G PZ (rechts) passen mit ihren kompakten Maßen und um 180 Gramm Gewicht hervorragend zur Alpha 6400 und allen anderen APS-C-Kameras von Sony.

Die Objektive sind durchschnittlich ausgestattet, ein Bildstabilisator fehlt beiden.

Der Fokusring überträgt bei beiden Objektiven ebenfalls lediglich Stellbefehle an die Fokusgruppe. Obwohl sich der Ring für meinen Geschmack etwas leicht dreht, lassen sich die neuen Weitwinkelobjektive präzise von Hand scharf stellen – wenn es denn sein muss. Denn schließlich sind die Objektive mit einem flüsterleisen Autofokus ausgestattet.

Gemeinhin gilt ja die Annahme: Festbrennweiten sind Zoom-Objektiven überlegen, wenn es um die Bildqualität geht. Gilt das auch für das Sony E 11 mm F1.8 im Vergleich zum E 10-20 mm F4 G PZ? Immerhin reiht Sony das Power-Zoom in die hochwertige G-Linie ein, während das 11er sich mit „Standard“ begnügen muss.

photoscala hat sich mit starken Publikationen zusammengetan, gemeinsam testen wir seit Kurzem Kameras und Objektive im CHIP Testcenter in München auf Herz und Nieren. Gemessen und analysiert wird mit dem Equipment und den Verfahren des renommierten Instituts „Image Engineering“. Zukünftig erhalten Sie also nicht nur unsere gewohnten persönlichen Eindrücke und Einschätzungen zu einem Testgerät, sondern auch unbestechliche, objektive Prüfergebnisse aus einem der angesehensten Testlabore.

Was die beiden Objektive leisten, mussten sie nicht nur in der Praxis, sondern auch im CHIP-Testlabor zeigen. In Sachen Auflösung ermitteln die Tester bei zehn Millimeter respektive elf Millimeter Brennweite sehr ähnliche Ergebnisse: Im Zentrum top, am Rand und in den Ecken schwach mit nur noch 75 Prozent der theoretischen Maximalauflösung. Abblenden um zwei Blendenstufen ändert das Ergebnis kaum, beide Objektive sind offenblendtauglich.

Vignettierung: ermittelt bei abgeschalteter Korrektur durch Kamera

Das Sony E 11 mm F1.8 vignettiert bei Offenblende mit bis zu -1 EV Abdunklung in den äußersten Ecken etwas stark. Um zwei Stufen abgeblendet ist praktisch kein Helligkeitsabfalls zu den Rändern hin sichtbar.

Auflösung ermittelt an: Sony Alpha 6600 Nyquist-Frequenz: 2000 px

Das Sony E 11 mm F1.8 erzielt im Bildzentrum mit 100 % der theoretischen Maximal-Auflösung einen hervorragenden Wert. Im Gegensatz dazu zeigt das Objektiv einen für eine Festbrennweite unüblichen starken Abfall zu den Bildrändern hin. Abblenden verbessert das Ergebnis nicht, die Auflösung des Sony E 11 mm F1.8 bleibt an den Rändern damit gerade noch akzeptabel.

Das Sony E 11 mm F1.8 bildet praktisch verzeichnungsfrei ab.

Das Sony E 11 mm F1.8 glänzt im Testlabor mit einer sehr hohen Auflösung im Bildzentrum, die zu den Ecken hin kräftig abfällt. Abblenden verbessert die Randauflösung nicht. (Klick ins Bild öffnet ausführlichen Laborbericht).

In Sachen Auflösung bietet die Festbrennweite E 11 mm F1.8 keinen Vorteil gegenüber dem Zoom E 10-20 mm F4 G PZ am kurzen Ende – für mich eine kleine Überraschung. Hinzu kommt: Je weiter das 10-20 eingezoomt wird, desto besser wird die Auflösung auch außerhalb des Bildzentrums.

Ähnlich scheint das Bild, wenn es um die Randabdunklung geht. Bei Offenblende vignettiert das E 11 mm F1.8 mit bis zu -1 EV heftiger als das E 10-20 mm F4 G PZ am kurzen Ende. Allerdings ist die Festbrennweite wesentlich lichtstärker. Wird sie um zwei Stufen auf F/3.5 abgeblendet, spielt die Randabdunklung keine Rolle mehr – beim E 10-20 mm F4 G PZ bei F4 (Offenblende) dagegen schon.

Vignettierung: ermittelt bei abgeschalteter Korrektur durch Kamera

Die Randabschattung ist beim Sony E 10-20 mm F4 G PZ sehr gut auskorrigiert. Lediglich bei Offenblende und am kurzen Ende des Zooms sind die äußersten Ecken sichtbar abgeschattet. Abblenden um zwei Stufen verbessert das Ergebnis deutlich.

Auflösung ermittelt an: Sony Alpha 6600 Nyquist-Frequenz: 2000 px

Die Messung der Auflösung ergibt beim Sony E 10-20 mm F4 G PZ ein uneinheitliches Bild, wie es allerdings typisch für ein Zoom-Objektiv ist. Am kurzen Zoomende ist die Auflösung im Bildzentrum exzellent, fällt jedoch zu den Rändern hin sehr stark ab. Je weiter das Objektiv eingezoomt wird, desto besser wird das Auflösungsvermögen zu den Rändern hin, während es im Zentrum leicht abnimmt. Abblenden um zwei Stufen verbessert das Ergebnis nicht.

Das Sony E 10-20 mm F4 G PZ bildet über den gesamten Brennweitenbereich hinweg praktisch verzeichnungsfrei ab.

Das Sony E 10-20 mm F4 G PZ bildet über den gesamten Brennweitenbereich hinweg nahezu verzeichnungsfrei ab. (Klick ins Bild öffnet ausführlichen Laborbericht).

In Sachen Verzeichnung geben sich beide Objektive keine Blöße – sie bilden nahezu verzeichnungsfrei ab (das Zoom bei allen Brennweiten). Das gilt nicht nur für die in der Kamera korrigierten JPEGs, auch die Raw-Daten beider Objektive zeigen sich in Sachen Verzeichnung tadellos. Gut auskorrigiert hat Sony bei beiden Objektiven zudem chromatische Aberration – Farbsäume an Kontrastkanten habe ich nicht gefunden.

Gibt es also keine nennenswerten Unterschiede zwischen dem Zoom E 10-20 mm F4 G PZ und der Festbrennweite E 11 mm F1.8? Doch – zum Beispiel im direkten Gegenlicht. Da zeigt das 11er einen deutlichen Hang zu Blendenflecken (falls entsprechend abgeblendet wird). In dieser Hinsicht ist das 10-20 gutmütiger, wenngleich nicht völlig frei von Flares im Gegenlicht.  

Das E 11 mm F1.8 zeigt in direktem Gegenlicht ausgeprägte Blendenflecken. Das Power-Zoom der höherwertigeren G-Linie ist davon zwar nicht ganz gefeit, ab doch sichtbar weniger anfällig.

Und wenn ein möglichst unscharfer Hintergrund mit ansprechendem Bokeh gefordert ist, spielt das E 11 mm F1.8 natürlich seine deutlich höhere Lichtstärke aus.

Die alte Regel, dass eine Festbrennweite im Vergleich zum Zoom die bessere Bildqualität liefert, gilt für Sony E 11 mm F1.8 versus Sony E 10-20 mm F4 G PZ (am kurzen Ende) so nicht. Beide weisen sie ähnliche Stärken und Schwächen auf. Stark sind die Super-Weitwinkel in Sachen Verzeichnung und CAs (beides praktisch nicht vorhanden). Bei Randauflösung und Vignettierung schwächeln sie unisono, wobei Abblenden um zwei Stufen die Probleme deutlich mildert.

Wenn es um Flares und Blendenflecken geht, hat die Festbrennweite E 11 mm F1.8 gar das Nachsehen – da spielt das E 10-20 mm F4 G PZ offensichtlich seine Mitgliedschaft in der höherwertigen G-Familie aus. Allerdings ist die Festbrennweite um mehr als 2 EV lichtstärker – auf F4 (die Lichtstärke des Zooms) abgeblendet, ist das 11er tadellos. Ein weiterer Vorteil der Festbrennweite: Es erlaubt deutlich kürzere Verschlusszeiten und/oder geringere ISO-Werte – ein unschätzbarer Vorteil bei wenig Licht.

Das E 10-20 mm F4 G PZ zeichnet bei Offenblende F4 naturgemäß ein recht unruhiges Bokeh. Das kann macht das E 11 mm F1.8 mit seiner großen Anfangsblende besser.

Wer (wie ich) bereits das Vario-Tessar® T* E 16-70 mm F4 ZA OSS in der Fototasche stecken hat, für den ist sicherlich das Sony E 11 mm F1.8 die bessere Wahl. Es erweitert den Brennweitenbereich sinnvoll nach unten, liefert (leicht abgeblendet) eine ordentliche Bildqualität und ist rund 250 Euro günstiger als das neue Weitwinkelzoom.

Falls allerdings die Brennweiten unterhalb 20 Millimeter (entspricht 30 Millimeter an Kleinbild) noch nicht abgedeckt sind, bietet das Sony E 10-20 mm F4 G PZ deutlich mehr Flexibilität als die 11er Festbrennweite. Geradezu unverzichtbar wird das Powerzoom für Vlogger und ganz allgemein für Videoaufnahmen – ermöglicht es doch sehr gleichmäßige Zoomfahrten und eine bequeme Wahl des Bildausschnitts, ohne den Standort ändern zu müssen. Erfreulich dabei: Die Flexibilität des Powerzooms erkauft man sich nicht mit Kompromissen bei der Bildqualität – die kann sich wirklich sehen lassen! Abstriche im Vergleich zur Festbrennweite gibt es allerdings bei der Lichtstärke.

Das Sony E 11 mm F1.8 ist ein leichtes, lichtstarkes Superweitwinkel für APS-C. Dank seiner großen Anfangsblende F1.8 eignet es sich gut für Aufnahmen bei wenig Licht, ein optischer Bildstabilisator fehlt allerdings. Die Abbildungsqualität ist gut, sie verbessert sich durch Abblenden nochmals merklich.

Mit dem E 10-20 mm F4 G PZ hat Sony ein kompaktes Super-Weitwinkelzoom für APS-C ins Programm aufgenommen. Sein Motorzoom ist vor allem für Videofilmer und Vlogger interessant, für Fotografen ist die Handhabung des Power-Zooms unbequem. Das Objektiv liefert eine sehr gute Bildqualität, ein Bildstabilisator fehlt ihm jedoch.

„Mache nie dein Hobby zum Beruf“, hat mir mein Großvater einst geraten. So ganz gehalten habe ich mich nicht daran: Ein liebes Hobby war mir die Fotografie seit meiner frühen Jugend; als Fachjournalist begleitet sie mich, seit ich mich Ende der 90er Jahre für Bildbearbeitungssoftware begeistert habe. Im Sommer 2015 habe ich photoscala übernommen, meine eigene Kamera liegt seither leider viel zu oft im Schrank.

Powerzoom für Fotografen etwas umständlich zu handhaben

Die Powerzooms, bei Minolta gefertigt,waren deswegen in analogen Zeiten nicht der Verkaufserfolg.aber vielleicht hat Sony bei den Vloggern jetzt Verkaufschancen damit.

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